#KOPFKIRMES

– Leben & Umgang mit der Kopfkirmes –

Was mich wütend/sauer macht

Wenn es um die Kopfkirmes geht, verstehe ich nicht viel Spaß. Ich tausche mich zwar ungemein gerne mit anderen Betroffenen aus, auch um Erfahrungen zu teilen. Von den vielen „Normalos“ halte ich aber inzwischen gern Abstand. Hört man doch noch oft genug Dinge, die einen echt wütend machen und zum Teil auch Zweifeln lassen (Vielleicht auch mit ein Grund, warum ich so lange mit meiner „Erkrankung“ hinter dem Berg gehalten habe).

Na gut, ich sollte vielleicht nicht ganz so intolerant sein. ? 
Versuche ich doch, auch mit diesem Blog, eine gewisse „Aufklärungsarbeit“ zu leisten. Und trotzdem gibt es halt einfach ein paar Punkte die mich (Und sicherlich auch andere Betroffene) echt sauer machen. Oftmals hört man dann (hohle) Phrasen, gutgemeinte Ratschläge und Binsenweisheiten. Da könnte man nicht nur an die Decke gehen, oftmals gießt man damit -vielleicht auch unwissend- richtig Öl ins Feuer und treibt die Kopfkirmes durchaus noch an…

  • „Reiß Dich mal zusammen und stell Dich mal nicht so an!“ – Oha… Einer meiner Lieblingssätze. Werde ich doch mit dem Kind gleichgesetzt, welches im Supermarkt auf dem Boden liegt und mit allen Vieren strampelt weil es die Süßigkeiten nicht bekommt. Ich wünschte, ich würde „nur“ meine Süßigkeiten nicht bekommen wenn die Kopfkirmes mal wieder ihre Runden dreht. Das ich an solchen Tagen mich, meine Emotionen und mein Verhalten gar nicht richtig kontrollieren kann, ist da noch das geringste Problem. Mir geht es an solchen Tagen einfach Hundeelend. Da boxt mir die Kopfkirmes anhaltend ins Seelenleben und zieht mich von Stunde zu Stunde mehr runter. „Zusammenreißen“ und sich nicht anstellen ist da so gar nicht mehr möglich (Geschweige denn überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen).
  • „Lach doch mal wieder!“ – Ganz ähnlich wie der erste Spruch. Nett gemeint, aber Meilenweit am Ziel vorbei. Dreht meine Kopfkirmes gerade mal wieder ihre Runden, ist mir einfach nicht zum Lachen. Klar, Lachen ist gesund & gut fürs Seelenleben. Aber wenn Dich die Kopfkirmes erst einmal in die dunklen Wolken manövriert hat, ist da mit einem „Lacher“ nicht so einfach raus zu kommen. Genauso „lieb“ gemeint ist es, mich zu vermeintlich „schönen“ Dingen zu „zwingen“. Ja, ich weiß dass mir so etwas eventuell gut tun würde. Und ja, ich muss mich manchmal selbst zu Dingen zwingen die mir gut tun. Aber noch Druck auf einen Betroffenen auszuüben, macht es nicht besser. Ich habe mich dann oftmals nur noch mehr zurückgezogen. Gebt uns also ein bisschen Luft und nehmt es hin, wenn wir mal „nicht können“.
  • „Du hast ja gar keine richtige Depression!“ – Ein Satz, der mich in den letzten Monaten richtig hart getroffen hat. Zuerst einmal: Psychische Erkrankungen sind kein Wettkampf! Nicht für Betroffenen untereinander, aber auch nicht für den Rest der Welt. Es gibt kein Besser oder Schlechter. Jeder Betroffener hat auf seine ganz individuelle Art mit dem Thema zu kämpfen und hat wohl kaum ein Interesse seine Krankheit irgendwie besonders hervorzuheben oder damit „Preise“ zu gewinnen. Und es gibt auch nicht „die eine richtige Depression“. Jede Depression ist anders, verläuft anders und macht etwas anderes mit dem Betroffenen. Ganz gleich, in welche „Medizinischen“ Ausprägung. Ich glaube, dass es sogar entsprechenden „Fachpersonal“ schwer fällt die Schwere eine Depressiven Episode zu beurteilen. Kämpft doch jeder Betroffener anders mit seiner „Kopfkirmes“ und erlebt es dementsprechend anders. Es ist auch schon als Betroffener alles anderes als einfach eine „Bewertung“ für seine eigene „Kopfkirmes“ zu erlangen. Also lasst bitte eine solche „Bewertung“ sein. Es bringt Euch nichts, dem Betroffenen erst recht nichts. Ganz im Gegenteil…
  • „Du denkst ja nur an Dich!“Hier bezogen auf die NPS. Ja, ich hatte Phasen in denen ich wirklich nur an mich gedacht habe. Und in denen ich ein ziemliches Arschloch sein konnte. Rückblickend macht das keinen Spaß sein Verhalten in solchen Phasen zu erkennen. Inzwischen gibt es aber auch vermehr Zeiten, in denen ich mich für mich mal zurückziehe. Weil die Belastung eben gerade zu viel wird, weil ich für mich Luft brauche und vielleicht auch ein bisschen, um mich ganz bewußt von etwas abgrenzen möchte. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass ich anderen Menschen vor den Kopf stoßen möchte (Auch wenn es manchmal vielleicht so ankommt). Viel mehr muss ich manchmal einfach auf meine eigenen Grenzen achten und/oder eine Situation rechtzeitig „verlassen“ bevor sie kippt. Auch hier. Gebt uns einfach mal ein bisschen Luft.
  • „Denk doch mal an etwas anderes!“ – Auch wieder so ein leicht gesagter Satz. Wenn die „Kopfkirmes“ erstmal auf volle Touren aufgedreht hat, ist es für Betroffene verdammt schwierig sich da „einfach so“ raus zu nehmen. Das Unterbewusstsein ist ziemlich gut darin, sich auf negative & schlechte Gedanken zu fokussieren wenn man erst einmal in so einem „Gedankenstrudel“ gefangen ist. Und da ist es echt harte Arbeit, wenn nicht sogar eine Art von Kampf, aus diesem „Strudel“ herauszukommen. Ich selbst versuche dann meine Gedanken zu sortieren & kanalisieren. Auf einige „gute Momente“ zu lenken. In der Vergangenheit, aber auch in der Zukunft. Als „neustes Mittel“ gegen den Gedankenstrudel habe ich das Schreiben hier im Blog entdeckt. den Gedanken eine „Tür“ bieten um raus aus dem Kopf zu kommen. Sich Luft machen.

Ihr seht, es gibt da einige Punkte (Und bestimmt auch noch viel mehr), die mich echt ärgern & wütend (oder auch traurig) machen. Ich erwarte von niemanden auf dieser Welt vollstes Verständnis für mich & meine „Kopfkirmes“. Gerade von „Nicht-Betroffenen“ wäre es utopisch so etwas zu erwarten. Was ich mir aber erwarte, ist eine gewisse Akzeptanz für mich und die „Kopfkirmes“. Und sehr gerne auch interessierte Nachfragen, „vorsichtige“ Hilfsangebote und ein Gespräch auf Augenhöhe. Mit genug Platz, um mit die Möglichkeit zu geben auch mal „Luft zu holen“. Natürlich kann man auch Ratschläge geben (gerade wenn man selbst Erfahrungen gemacht hat), ist es aber doch immer ein schmaler Grat zwischen „guten Ratschlägen“ und „nervig“ dabei sein. Seid für den Betroffenen da, ohne ihn zu „erdrücken“. Last ihm zeit, um sich zu öffnen und Vertrauen aufzubauen. Denn dies ist im Kern bei einer solchen „Problematik“ ganz wichtig. Gegenseitiges Vertrauen. Ich kann von mir sagen, dass ich „gerne“ über mich und meine „Kopfkirmes“ rede und es durchaus für wichtig erachte mich mitzuteilen um anderen an meiner Erfahrung teilhaben zu lassen. Nur brauche ich dafür halt meine Zeit und vor allem auch mein „geschütztes Eckchen“. Bitte, bitte, akzeptiert dies… ?

Bildquelle: pixabay.com

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