Ganz aktuell bei mir passiert… Gefühlschaos, mangelnde Gefühlsregulation (Oder auch sehr fachlich ausgedrückt: Emotionale Dysregulation – Link zu adxs.org), Selbstabwertung, Gedankenkreisen, #Kopfkirmes… 🙃
Aber von Anfang an… Eigentlich wollte ich heute meine Mutter besuchen, dass ist nach ihrem Umzug eine „kleine Weltreise“ mit den Öffis, von Tür zu Tür fast 2h. Zwar habe ich die Nacht (mal wieder) gar nicht gut geschlafen, trotzdem habe ich nach den allmorgendlichen Routinen fertig gemacht, bin zur Bushaltestelle gewackelt, um zum Bahnhof zu fahren, dort dann die zwei Zugverbindungen zu nehmen…
Leider ist diese Strecke hier im Ruhrgebiet sehr „störanfällig“, es passiert nicht selten, dass es Ausfälle und (hohe) Verspätungen aufgrund Personalmangel, technischer Defekte oder irgendwelchen Baustellen gibt. Über den Zustand insgesamt der Bahn… Naja… Lassen wir das… Ich habe mich eigentlich schon daran gewöhnt, dass es hier im Bereich eigentlich immer irgendwelche Schwierigkeiten gibt und Verspätungen auch eher die Regel als die Ausnahme sind. Ich geh da also eigentlich recht entspannt mit um…
Heute allerdings gab es dann wohl auf der Strecke irgendwo ein (größeren) Polizeieinsatz, mit dementsprechenden Chaos bei fast allen Verbindungen. Es war eigentlich geplant, dass ich gegen 10.00 Uhr meine regulären Verbindungen antrete und dann eben so gegen 12.00 Uhr bei meiner Mutter angekommen wäre. Der Bus fuhr noch pünktlich, die Züge wurden dann wegen dem Einsatz aber völlig durcheinander gewürfelt. Da kam schon eine Verbindung früher fast eine Stunde zu spät & war entsprechend knallevoll, alle nachfolgende Verbindungen sollten sich dann auch dementsprechend lange verschieben…. Also stand ich um Elf noch am Bahnsteig, es ging auf halb Zwölf zu, die Verbindungen verspäteten sich im Minutentakt jeweils um weitere mehrere Minuten…
Nachdem ich dann, obwohl ich mich grad eigentlich immer am Bahnhof/am Bahnsteig sehr deutlich mit meinen großen Kopfhörer und meiner Körpersprache von anderen Menschen „sichtbar abwende“, mehrfach von anderen Reisenden angesprochen worden bin (Kann ich ja so gar nicht gut! 😣), hatte ich um kurz vor 12.00 Uhr dann die Schnauze voll noch weiter am Bahnsteig im kalten Wind zu stehen. Zudem ich ja auch nicht wirklich eine (Zug)Verbindung weitergekommen bin… Ich bin dann also wieder nach Hause. Hab der Mutter noch eine kurze Nachricht geschrieben, dass ich doch nicht komme, hab mich dann in den Bus gesetzt um wieder nach Hause zu fahren. Auf der Fahrt hat es mich dann voll erwischt… Eine Gefühlsachterbahn vom Feinsten (Zumal dann auch noch eine kurze Antwort von der Mutter kam: „Schade 😔“ – Das hat auch nochmals total „eingeschlagen“)…
Ich glaube, am stärksten war (mal wieder) das Gefühl von „Versagen“, Scham und diesen ekelhaften Selbstvorwürfen. Vielleicht auch Wut… Auf die Bahn & auf mich selbst, nicht einen Zug früher genommen zu haben oder so. Und das, obwohl ich ja im Grunde gar nichts für das Chaos auf der Schiene konnte und in dem Moment, in dem ich entschieden habe wieder nach Hause zu fahren, ja eigentlich positiv mir selbst gegenüber entschieden habe (Diese fast 2h am Bahnsteig haben mir enorm angestrengt… ADSler und wenn mal etwas nicht ganz so läuft wie eigentlich gedacht/geplant 😉). Trotzdem hat mich mein Kopf völlig fertiggemacht. Im Prinzip richtet sich dann oftmals viel gegen sich selbst… „Du Trottel! Nichts schaffst Du, nicht mal eine kleine Verspätung auszuhalten!“, „Reiß Dich mal zusammen! Andere kriegen das doch auch hin!“, „Du suchst doch nur nach Ausreden!“ und so weiter und so fort… 🥴🙄
Inzwischen, nach den bald drei Jahren AD(H)S Diagnose, bin ich mir sehr bewusst, dass ich eben genau dieses Problem mit der (oftmals noch „falschen“) Gefühlsregulierung (immer noch) habe, ich (meine) Gefühle/Emotionen zigfach verstärkt wahrnehme und sehr schnell eben in diese „Gefühlsachterbahn“ rutsche. Daher kamen (und kommen auch immer nicht) ebenfalls nicht wenige meiner „Ausraster“. Weil ich eben so total „überrollt“ werden von (meinen) Gefühlen/Emotionen, dass ich es nicht selten anders weiter weiß als zu „explodieren“.
Ich habe mich dann auf dem Heimweg versucht ein bisschen runter zu bringen, indem ich beim Bäcker eine sehr schmackhafte Apfel-Zimtschnecke gekauft habe (So blöd wie es klingt, ich habe bis dato noch immer eine etwas falsche „Verdrahtung“ im Kopf, dass ich „Glück“ empfinden wenn ich Geld ausgebe… Und sei es eben nur für ein Gebäckteilchen beim Bäcker). Trotzdem bin ich – zumindest kurz – emotional „zusammengebrochen“, als ich hier zur Tür rein bin. Ich musste – das kann ich ganz offen so sagen – einige Minuten vor lauter Überforderung (aber auch als „Ventil“) weinen…
Außerdem habe ich in den letzten fast drei Jahren häufiger mal – auch ganz bewusst – aufgrund so einer Überforderung der eigenen Emotionen/Gefühle geweint (um es quasi „raus zu lassen“). Habe dadurch gelernt, dass ich einfach vieles in meinem bisherigen Leben überspielt o. unterdrückt habe (Ich habe lange Zeit so eine Überforderung einfach in mich hineingefressen!) und wie lange ich doch eigentlich gar nicht auf mich selbst/i mich selbst gehört habe. Ich bin doch ein Kerl, der rappelt sich nach Fehlschlägen auf, klopft sich den Staub von der Kleidung und macht dann wie gewohnt weiter. Blödsinn! Schon mal ganz allgemein muss niemand einen Fehlschlag einfach „wegdrücken“ o. „kleinreden“, aber gerade wir ADSler sind da noch viel prädestinierter, dass eben selbst solche „Alltagsrückschläge“ viel, viel heftiger „einschlagen“…. Und dann dürfen wir auch eine für uns angemessene Regulierung finden. Und seien es eben Tränen…
Sich auf dieses „Gefühlschaos“ im Kopf einzulassen ist das eine für mich, aber auch das gerade darüber schreiben hilft mir enorm. Ich möchte es/mich dabei auch in Zukunft nicht mehr verstecken, das AD(H)S und die damit verbundenen Besonderheiten gehören nun mal zu mir…. Wahrscheinlich schon mehr als Vierzig Jahre, seit jetzt gut drei Jahren eben auch ganz offen…
Wie sieht das bei anderen Betroffenen aus? Wie „reguliert“ Ihr Euer „Gefühlschaos“? Lasst Ihr es ebenfalls „raus“? Sprecht oder schreibt Ihr drüber? Lass doch mal gerne einen Kommentar dazu da… 😊
Artikelbild von Gino Crescoli auf Pixabay
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